Am 25. Juni 2020 wurde Ihar Losik, ein 28-jähriger Blogger aus Belarus, unschuldig verhaftet. Er ist wie sehr viele andere Opfer von Lukaschenkas Staatsterror, weil er sich für Presse- und Meinungsfreiheit, für Demokratie und faire Wahlen einsetzt.
Ihar ist mit seiner Frau und seiner 2-jährigen Tochter in Baranawitschy, einer 200.000 Einwohnerstadt südwestlich von Minsk, zu Hause. Vor den gefälschten Präsidentschaftswahlen war er Administrator eines sehr populären Telegram-Kanals, der ohne staatliche Propaganda über die Präsidentschaftswahl in Belarus informiert hat.
Deshalb waren und sind Ihar und viele seiner Kolleg*innen, darunter auch der Mann von Swetlana Tichanowskaja, Lukaschenka ein Dorn im Auge. Aktuell gibt es in Belarus über 150 politische Gefangene. Jede Woche kommen Neue hinzu. Ihar drohen bis zu 3 Jahren Haft. Am 14.12.2020 wurden neue Anschuldigungen gegen Ihar und weitere Gefangene erhoben. Am Tag danach ging Ihar in den Hungerstreik – aus Protest gegen das Unrecht, das ihm seit Monaten angetan wird. Seine Beweggründe hat er in einem dramatischen Appell niedergeschrieben. Den Hungerstreik hat Ihar erst 42 Tage später beendet – sehr viele Freund*innen und Unterstützer*innen, auch ich, gemeinsam mit Bischof Stäblein und Schriftstelle Ingo Schulze, haben seine sofortige Freilassung gefordert. Ihar will und wird leben – für seine Familie, für ein demokratisches Belarus. Ich war und bin darüber sehr erleichtert.
Dennoch: Die Zustände im Gefängnis sind und bleiben menschenverachtend. Es gibt hunderte dokumentierte Fälle von Folter, Misshandlungen und sexualisierter Gewalt. Zudem sind die Gefangenen schutzlos der Covid-19-Pandemie ausgesetzt. Covid-19-Infizierte werden nicht medizinisch behandelt, sondern gezielt als Infektionsträgerinnen und -träger in überfüllte Gefängniszellen verlegt. Masken sind verboten. Diktator Lukaschenka beweist damit erneut, dass er für den eigenen Machterhalt über Leichen geht.
Am 9. Juli 2020, einen Monat vor den manipulierten Präsidentschaftswahlen in Belarus habe ich über die deutsch-schweizerische NGO Libereco die Patenschaft von Ihar Losik übernommen. Meine Appelle an Lukaschenka und sein Regime blieben bislang ohne Erfolg. Aber: mein Brief an Ihar Losik kam im Gefängnis an. Wenige Wochen später erhielt ich eine Antwort von seinem Anwalt, da es ihm selbst nicht erlaubt ist, Briefe zu schreiben. Wie wichtig solche Briefe „von außen“ sind, könnt ihr diesem Ausschnitt aus der Antwort von Ihars Anwalt entnehmen:
„I am Igor Losik’s lawyer and defense attorney […]. During our communication, Igor told me he had received a letter from you. Since he has no opportunity to answer you personally, he has entrusted me to convey his sincere gratitude for your support and solidarity. It is very significant for a political prisoner deprived of his liberty to realize that he hasn’t been forgotten, abandoned, that not only his friends and family care about his destiny but also concerned people from different countries including Germany.“
Ich und mein Team schreiben Ihar regelmäßig, damit er weiß, dass er auch für uns nicht in Vergessenheit geraten wird. Für das Gefängnis, in dem Ihar und unter anderem auch Maria Kolesnikowa und Mikalai Statkewitsch unschuldig inhaftiert sind, haben wir eine Spende an russischsprachigen Bücher organisiert, die an die Gefängnis-Bibliothek übergeben werden soll.
Briefe an politische Gefangene
Auch ihr könnt etwas tun. Schreibt Ihar oder anderen politischen Gefangenen einen Brief. Dabei sind drei Punkte wichtig:
(1) Der Brief muss auf russisch oder belarusisch verfasst sein. Alle anderen Sprachen werden zensiert und nicht durchgestellt.
(2) Die Adresse des Gefängnisses muss auf Englisch und Russisch auf den Briefumschlag geschrieben werden.
Die Gefängnisadresse von Ihar Losik lautet:
Ihar Losik Pre-trial detention center No. 3. vulica Knižnaja 1A 246003, Homieĺ Belarus — Ігар Лосік СІЗА № 3 вуліца Кніжная 1A 246003, г. Гомель Рэспубліка Беларусь |
Die Gefängnis-Adressen anderer politischen Gefangenen findet ihr hier: https://spring96.org/en/news/49539 https://spring96.org/ru/news/49513
(3) Öffentlichkeit zählt: Macht die Briefe gerne über social-media-Kanäle öffentlich: #WeStandBYyou #StandwithBelarus
Ich stehe fest an der Seite der Menschen in Belarus, die sich friedlich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Freiheit und freie Wahlen einsetzen. Ihnen gelten meine Solidarität, Anerkennung und Unterstützung. Ich fordere ein sofortiges Ende der Gewalt, die Freilassung aller politischen Gefangenen, freie und faire Neuwahlen unter internationaler Wahlbeobachtung und einen ernsthaften und inklusiven Verfassungsreformprozess. #WeStandBYyou.
Auswahl der bisherigen Presseberichterstattung:
- Berliner Zeitung vom 18.07.2020: Deutsche Abgeordnete übernehmen Patenschaften für politische Gefangene in Belarus
- Deutsche Welle vom 23.07.2020: Kommentar: Patenschaften für Weißrusslands Oppositionelle – eine gute Idee!
- Spon.de vom 26.09: Deutschland lässt Lukaschenkos Gegner im Stich
- bild.de vom 16.10.: Lukaschenko verweigert Abgeordneten die Einreise
- WELT vom 4.11.2020: So will Deutschland Weißrusslands Opposition helfen
- Tagesspiegel vom 20.11.2020: „Handeln Sie schneller“ – ein Hilferuf aus Belarus
- bild.de vom 24.01.2021: Lässt Lukaschenko politische Gegner verhungern?
- Heinrich-Böll-Stiftung vom 27.01.2021: Hungerstreik beendet: Solidarität mit politischen Gefangenen in Belarus
- Tageszeitung vom 28.01.2021: Letzter Ausweg Hungerstreik