Anlässlich des heutigen EuGH-Urteils über die Bedingungen für das Aufschieben der Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls erklären Franziska Brantner, Sprecherin für Europapolitik und Manuel Sarrazin, Sprecher für Osteuropapolitik:
Das heutige EuGH-Urteil ist zu begrüßen. Der EuGH weißt zwar die Beurteilung des konkreten Falles zurück an die irischen Instanzen, erhöht mit seiner Entscheidung aber den Druck auf die polnische Regierung. Gerade in Bezug auf die noch ausstehende EuGH-Prüfung des polnischen Gesetzes über das höchste Gericht, das die EU-Kommission Luxemburg vorlegt hat, ist dies ein deutlicher Warnschuss an Warschau. Der EuGH nimmt mit den skizzierten Kriterien für eine Unabhängigkeit von Gerichten die Kritik an der Justizreform in Polen auf.
Mit dem Urteil tastet sich der EuGH in das Feld der Auslegung der Werte der EU vor. Dass das Urteil jedoch keine konkrete Bewertung der polnischen Justizreform beinhaltet, ist nachvollziehbar. Ebenso richtig ist, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, der dem Mechanismus des Europäischen Haftbefehls zugrunde liegt, zwar nicht einfach ausgehebelt werden kann, aber natürlich darauf beruht, dass in den beteiligten Mitgliedsländern der Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Justiz geachtet werden muss. Das skizzierte zweistufige Prüfverfahren wird diesem Anspruch gerecht. Wir begrüßen, dass in einem ersten Schritt eine echte Gefahr für ein faires Verfahren aufgrund systematischer Mängel des Justizsystems festgestellt werden muss und dafür die Bewertung der EU-Kommission im Rahmen des Artikel-7-Verfahrens als besonders relevante Angaben gewertet wird. Damit wertet der EuGH das Artikel-7-Verfahren auf und leistet für die EU-Kommission die Rückendeckung, die der Rat in diesem Fall bislang vermissen lässt.
Am Ende bleibt es aber eine politische Herausforderung in der Europäischen Union, Demokratie und Rechtsstaat in ganz Europa aufrecht zu erhalten.