GroKo-Sondierungspapier: Kurzbewertung Europa
Es ist richtig, dass die GoKo die Europapolitik ganz oben auf die Agenda setzen möchte. Denn genau da gehört sie hin. Mit der FDP war dies bei den Jamaika-Sondierungen leider nicht möglich. Es ist gut, dass die GroKo das Europäische Parlament Rechten stärken, mehr Investitionen in die Zukunft ermöglichen, Steuerhinterziehung und Geldwäsche bekämpfen und das soziale Europa in den Mittelpunkt rücken will. Mehr Geld für den Europäischen Haushalt ist ebenso notwendig, nicht zuletzt um Zukunftsaufgaben wie eine solidarische Verantwortung bei Migrationsfragen oder eine gemeinsame Außen-und Verteidigungspolitik angemessen angehen zu können. Konkrete Vorschläge lassen sich in den einzelnen Bereichen allerdings vielerorts vergeblich suchen. Deshalb gilt abzuwarten, ob die GroKo tatsächlich mehr europapolitische Glaubwürdigkeit an den Tag legen wird als dies in den letzten vier Jahren der Fall war.
Es ist richtig, dass die GroKo einen weiteren Schwerpunkt auf die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) legen und einen parlamentarisch kontrollierten Europäischen Währungsfonds einrichten will. Allerdings darf dies nicht zu Lasten des europäischen Zusammenhalts gehen. Uns Grünen war und ist immer wichtig, die EU als Ganzes mit ihren 27 Mitgliedstaaten zu denken. Einen Eurozonen-Exklusivclub, der sich vom Rest abspaltet, lehnen wir ab.
Die GroKo sollte sich zu den Vorschlägen der EU-Kommission zur Vollendung der WWU bekennen und bei einer stärkeren wirtschaftspolitischen Steuerung, der Umsetzung von Strukturreformen und bei mehr Zukunftsinvestitionen die Noch-Nicht-Eurostatten mitdenken. Denn die EU besteht aus 27 Mitgliedstaaten und nicht aus 19 Euro-Staaten. Allzu leichtfertig scheint die GroKo auch mit „unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ umgehen zu wollen.
Wir Grüne sind überzeugt, dass die EU insgesamt zusammenhalten und sich einvernehmlich weiterentwickeln sollte. Ein Zweiklassen-Kerneuropa lehnen wir ab. Unterschiedliche Geschwindigkeiten sollten nur in begründeten Ausnahmefällen, im Rahmen der EU-Verträge, möglich sein.