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Brexit-Verhandlungen: Polen und Ungarn mitdenken – MANUEL SARRAZIN
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Brexit-Verhandlungen: Polen und Ungarn mitdenken

(Erschienen als Gastbeitrag von Manuel Sarrazin und Omid Nouripour mit dem Titel „Solidarität mit Orbán und Kaczyński“ in der ZEIT am 2. Oktober 2016)

Bei den Brexit-Verhandlungen muss Deutschland an der Seite von Ungarn und Polen stehen. Ansonsten droht das Auseinanderbrechen der Europäischen Union. Selten war die EU so gepalten wie seit dem vergangenen Jahr. Im Fokus steht dabei der Interessengegensatz zwischen Deutschland und den zentral- und europäischen Staaten, vor allem der Visegrád-Gruppe, in der Flüchtlingspolitik. Ausgerechnet mit Ungarn und Polen, die über Jahrzehnte als Musterschüler der Westbindung nach dem Ost-West-Konflikt galten, führte das zu heftigen Auseinandersetzungen.

Wir halten die Flüchtlingspolitik der polnischen und ungarischen Regierung für falsch. Jedoch ist entscheidend, wie Kritik geäußert wird. Auch als Kritiker der orbánschen Abschottungspolitik dürfen wir unseren Partnern in Zentraleuropa nicht mit erhobenem Zeigefinger oder gar abfällig begegnen. Denn so wenig uns die Zusammensetzung und Politik dieser Regierungen und der sie bestimmenden Politiker gefallen mag, so kann ein Zementieren des derzeitigen politischen Klimas zwischen Ost und West, zwischen Brüssel und den Visegrád-Staaten, die Europäische Union mittelfristig auseinanderreißen.

Wer das verhindern will, sollte die Zäsur, die mit dem Brexit-Referendum eingeleitet wurde, als Chance für den Zusammenhalt zwischen Ost und West begreifen. Mit den anstehenden Brexit-Verhandlungen bietet sich eine Chance, die Europapolitik von Warschau und Budapest aufgrund ihrer knallharten nationalen Interessen auf Zusammenarbeit mit Berlin und Brüssel auszurichten.

Dabei geht es keineswegs darum, populistischen Führern schwieriger Staaten politische Geschenke zu machen. Gelingt es Deutschland, in Kooperation mit Paris, Rom und Madrid, in den anstehenden Verhandlungen mit London die Regierungen der Visegrád-Staaten auf einen gemeinsamen Kurs festzulegen, wird das nicht zuletzt die innenpolitische Mobilisierungsstrategie dieser Populisten schwächen. Sowohl Orbán als auch Kaczyński in Polen punkten mit der gezielten Zuspitzung des angeblichen Gegensatzes zwischen Brüssel und dem nationalen Interesse der Visegrád-Staaten.

Keine Ausnahmen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit

Diese Strategie lässt sich insbesondere an zwei Streitpunkten zwischen der EU und London umsetzen. Erstens darf die Europäische Union und allen voran Deutschland bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit im Gegenzug für einen privilegierten Zugang zum Binnenmarkt keine Ausnahmen für Großbritannien akzeptieren. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist für die Visegrád-Staaten politisch und ökonomisch von überlebenswichtigem Interesse. Denn die meisten Arbeitsmigranten in Großbritannien kommen aus diesen Staaten.

Die Haltung des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), ist hierbei fatal. In einem Papier mit dem Brüsseler Thinktank Bruegel hatte er sich kürzlich für „kreative Lösungen“ und damit Kompromisse zu Lasten der Arbeitnehmerfreizügigkeit ausgesprochen. Wer bereit ist, die Solidarität mit unseren zentraleuropäischen Nachbarn für kurzfristige deutsche Handelsinteressen aufzugeben, gefährdet den Zusammenhalt in der EU und bestärkt die lauten nationalprotektionistischen Rufe der Le Pens und Petrys.

Andersrum wird ein Schuh daraus: Verteidigen Berlin und Brüssel beim Thema Arbeitnehmerfreizügigkeit erfolgreich die Interessen der Visegrád-Staaten, zeigt sich, wie strategisch kurzsichtig und falsch eine Abwendung von der europäischen Kooperation ist.

Kein Zugang zum Binnenmarkt ohne Beitrag zum EU-Haushalt

Der zweite Knackpunkt ist die anstehende Verhandlung des neuen mehrjährigen Finanzrahmens der EU für den Zeitraum 2020 bis 2027. Kenner wissen, dass die bisherige Finanzierung der Struktur- und Kohäsionsmaßnahmen, die gerade Polen und Ungarn zugutekommen, nur aufrecht zu erhalten sein werden, wenn Großbritannien sich in ähnlicher Weise wie Norwegen und die Schweiz für den Zugang zum EU-Binnenmarkt finanziell am EU-Haushalt beteiligt. Hier geht es um direkte Interesse in den betreffenden Ländern: die Schaffung von öffentlicher Infrastruktur im Interesse der Menschen, und die lokale Bauwirtschaft. Die Visegrád-Staaten können sich hier kaum gegen Brüssel und Berlin stellen.

Für die Europäische Union heißt das: Mit einer auf diese Belange der Visegrád-Staaten eingehenden harten Verhandlungslinie haben wir einen Hebel, um erfolgreich Einfluss auf die Ausrichtung der Europapolitik der Visegrád-Regierungen zu nehmen. Damit kann die EU erstmals seit langem effektiv auf die Mäßigung der politischen Auseinandersetzung um Europa und Deutschland in diesen Ländern hinwirken. Wenn Deutschland Europa zusammenhalten will, muss das eine der zentralen Leitlinien für die deutsche Europapolitik im Umgang mit dem Brexit sein.

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