Lettland ist reif für den Euro und hat sich die Euro-Umlaufwährung verdient! Lettland wird auch in den kommenden Jahren vor Herausforderungen stehen, die es „im Euro“ besser lösen können wird als außerhalb.
In der nächsten Sitzungswoche (12.-14.06.2013) wird der Bundestag einen Beschluss zur geplanten Euro-Einführung in Lettland fassen. Das aufgrund unserer BVerfG-Klage novellierte EU-Beteiligungsgesetz (EUZBBG) legt fest, dass die Bundesregierung vor ihrer Mitwirkung an der entsprechenden Entscheidung im Rat (27 Finanzminister) Einvernehmen mit dem Bundestag herstellen soll (§9a EUZBBG). Ein entsprechender Antrag soll interfraktionell eingebracht werden.
1. Politische Einschätzung
Lettland ist für Deutschland und Europa ein besonderes Land. Als zweiter Staat der drei sogenannten baltischen Staaten wird Lettland zum 1. Januar 2014 den Euro als Umlaufwährung einführen. Damit bindet sich die ehemalige Sowjetrepublik noch enger an die EU und – im Gegensatz zum schwedischen EU-Nachbarn – an den Euro. Lettland hat einen sehr harten Weg hinter sich. Im Zuge der internationalen Finanzkrise musste das Land Finanzhilfen von EU und IWF in Anspruch nehmen und harte Einschnitte im Staatshaushalt vornehmen. So wurden beispielsweise die staatlichen Gehälter im Schnitt um 35% gekürzt, allerdings mit einer Lastenverteilung. Gehälter der MinisterInnen wurden am höchsten, die geringeren Gehälter deutlich weniger gekürzt. Der harte Anpassungskurs im Stile einer Schocktherapie wurde jedoch von einem dauerhaften Engagement der skandinavischen Banken im Land begleitet, die ihr Geld im Zuge der Krise eben nicht abzogen und so eine Liquiditätskrise wie im Süden der EU verhinderten. Das Lettland so schnell wieder ein BIP-Wachstum (2007 +9,6, 2008 -3,3, 2009 -17,7, 2010 -0,9, 2011 +5,5 %) vorweisen konnte, hängt auch damit zusammen. Diese Schocktherapie ist mit einer erstaunlichen politischen Stabilität im Land einhergegangen. Die große Herausforderung für den konservativen Ministerpräsidenten Valdis Dombrovskis (seit 2009 im Amt) und die Politik ist nun, auch in der Phase des erneuten Wachstums auf einem realistischen und nachhaltigen wirtschaftspolitischen und haushaltspolitischen Weg zu bleiben. Zudem muss Lettland die im Konvergenzbericht genannten Empfehlungen wie beispielsweie die vollständige Umsetzung der Anti-Geldwäsche-Regeln umsetzen und seinen steuerpolitischen Weg überprüfen.
Lettland ist heute immer noch eines der ärmsten Länder der Europäischen Union. Das Engagement des Landes für den Beitritt zum Euro ist ebenso bemerkenswert, wie die politische Klarheit der lettischen Politik, dass im Euro die Zukunft des Landes liege. Diese politische Klarheit tut vor dem Hintergrund der Debatten um die Krise der gemeinsamen Währung gut, ist aber vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen und politischen Potentials des Ostseeraums auch angebracht. Mit der Euro-Umlaufwährung richtet sich Lettland noch mehr auch in Richtung Deutschland aus. Auch die Zentralbank wurde in den 90er-Jahren stark nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank gestaltet und wird eine stabilitätsorientierte Politik einbringen.
Lettland hat sich wie alle anderen EU-Staaten (Ausnahmen: Großbritannien und Dänemark) mit dem EU-Beitritt verpflichtet, den Euro als Umlaufwährung einzuführen. Entscheidend hierfür ist die Einhaltung der entsprechend in der Verträgen festgelegten Kriterien. Für unsere politische Bewertung ist neben unserer allgemeinen positiven Haltung gegenüber dem Projekt Euro und dem Land Lettland entscheidend, dass Lettland genau diese Anforderungen erfüllt, wenn nicht sogar übererfüllt.
Lettland ist reif für den Euro und hat sich die Euro-Umlaufwährung verdient! Lettland wird auch in den kommenden Jahren vor Herausforderungen stehen, die es „im Euro“ besser lösen können wird als außerhalb.
2. Startschuss für die Euro-Einführung – Berichte von EU-Kommission und EZB
Die EU-Kommission hat am 5. Juni 2013 ihren Konvergenzbericht über Lettland vorgelegt. Darin kommt sie zu dem Ergebnis, dass der baltische Staat die in den EU-Verträgen festgelegten Kriterien erfüllt:
- Preisstabilität: Inflationsrate in den letzten 12 Monaten = 1,3% (Referenzwert = 2,7%)
- Öffentliche Finanzen: Defizit 2013 = 1,2 % (Referenzwert = 3%); Schuldenquote = 40% BIP (Referenzwert = 40 %) à Einstellung des Defizitverfahrens wird empfohlen
- Zinssätze in den letzten 12 Monaten = 3,8% (Referenzwert = 5,5 %)
- Wechselkurs: Teilnahme am Wechselkursmechanismus (WKM II) seit Mai 2005; seit zwei Jahren keine Abweichung vom Leitkurs um mehr als +/- 1 % (Referenzwert = +/- 1 %)
- Konformität der lettischen Rechtsvorschriften im monetären Bereich
Die Europäische Zentralbank bestätigt die Einhaltung der Referenzwerte, beschreibt aber auch Bedenken. Beispielsweise könnte die Inflationsrate aufgrund höherer Rohstoff- und Lohnkosten steigen und 2013 und 2014 zwischen 1,4% und 1,8% bzw. 2,1% und 2,7% liegen. Ferner könnte im Bankensektor der Rückgriff auf Einlagen Gebietsfremder als Refinanzierungsquelle ein Risiko für die Finanzstabilität darstellen. Voraussetzung für die wirtschaftliche Nachhaltigkeit sieht die EZB vor allem in einer Fortsetzung der Konsolidierung sowie in zusätzlichen Reformen und politischen Maßnahmen (z.B. Stärkung alternativer antizyklischer Instrumente).
3. Nächste Schritte auf EU-Ebene
Nach dem die Euro-Gruppe eine Empfehlung ausgesprochen hat, soll der ECOFIN (27 Finanzminister) nach Anhörung des EU-Parlaments am 20./21. Juni 2013 beschließen, dass Lettland die Kriterien erfüllt und die für den baltischen Staat bisher geltenden Ausnahmeregelungen aufheben (Artikel 140 Absatz 2 AEUV). Anschließend soll der EU-Gipfel am 27./28. Juni 2013 positiv Stellung nehmen, bevor der Rat am 9. Juli 2013 auf einstimmigen Beschluss der Eurostaaten den Wechselkurs festlegt und die erforderlichen Maßnahmen zur Euro-Einführung in Lettland im Januar 2014 ergreift.
Zum Hintergrund: Die Währung der gesamten EU ist der Euro. Alle EU-Mitgliedstaaten – mit den Ausnahmen Dänemark und Großbritannien- haben sich vertraglich zur Euro-Einführung verpflichtet, sobald die im Vertrag verankerten Kriterien erfüllt sind. Die noch verbliebenden nationalen Währungen gelten als vorübergehende Ausnahme.
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