In den Medien kursieren die wildesten Behauptungen, was nun alles am morgigen Freitag in Bezug auf das Griechenland-Rettungspaket beschlossen werden soll. Ein Blick in den abzustimmenden Antrag des Bundesfinanzministeriums gibt Aufschluss, worüber der Bundestag tatsächlich morgen entscheiden wird.
Worum geht es eigentlich? Was genau entscheidet der Bundestag?
Änderungen im bestehenden Anpassungsprogramm für Griechenland:
- Verschiebung des Defizitziels von 2014 auf 2016; d.h. Griechenland bekommt zwei Jahre mehr Zeit, um seine Defizitziele zu erreichen. Griechenland muss also weniger schnell sparen.
- Bereitstellung von 10,2 Mrd. Euro aus dem laufenden Griechenland-Programm, (d.h. ohne Aufstockung des Programmvolumens) für eine Schuldenrückkaufaktion der griechischen Regierung. Ziel ist es, dass private Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen (derzeitige Erwartung: ca. 70%) gegenüber dem griechischen Staat verzichten und sich so die Schuldenlast Griechenlands reduziert. Das Ergebnis des Schuldenrückkaufs soll vor dem 13.12.2012 bekannt gegeben werden.
Weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Finanzierungslücke – bei positivem Ausgang des Schuldenrückkaufprogramms:
- Zinssenkung für die bilateralen Griechenlandkredite um 1 Prozent.
Für Deutschland bedeutet das jährliche Mindereinnahmen um 130 Mio. Euro oder anders ausgedrückt: Zukünftig verzichtet Deutschland auf Gewinne aus der griechischen Krise - Maßnahmen bzgl. Kredite aus dem Euro-Rettungsfonds (EFSF):
Verzicht auf die Gebühr zur Bereitstellung der Kredite in Höhe von 0,1 Prozent.
Stundung der Zinsen für 10 Jahre.
Laufzeitverlängerung um 15 Jahre.
- Überweisung von Zentralbankgewinnen (die aufgrund von Ankäufen griechischer Staatsanleihen am Sekundärmarkt erzielt worden sind) an Griechenland. Geplant ist, dass die Gewinne der Bundesbank an den Bundeshaushalt weitergeleitet und von dort auf ein griechisches Sonderkonto für den Schuldendienst überwiesen werden. Der deutsche Anteil beläuft sich auf rund 600 Mio. Euro in 2013 und 530 Mio. Euro in 2014. Auch hier würde der Bundestag zukünftig darauf verzichten, an der griechischen Krise zu verdienen.
- Kurzlaufende Anleihen (T-Bills), mit denen sich Griechenland via EZB refinanziert
Was wird nicht entschieden?
WICHTIG: Es gibt keine zusätzlichen Griechenland-Kredite. Die 43,7 Mrd. Euro sind Tranchen aus den bereits beschlossenen Kreditpaketen (Mai 2010; Februar 2012) in Höhe von insgesamt 144,6 Mrd. Euro. Die Freigabe der Tranchen erfolgt nicht in dieser Woche! Erst nach Ende des Schuldenrückkaufprogramms (bis 13.12. 2012) wird die Euro-Gruppe darüber entscheiden. Zuvor wird dem Haushaltsausschuss Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden müssen.
Hintergrund: Die Neujustierung des griechischen Anpassungsprogramms ist notwendig geworden, weil Griechenland seinen ursprünglich vorgesehenen Schuldenabbaupfad nicht mehr einhalten konnte. Aufgrund des Wahlkampfes war die griechische Politik über Monate hinweg gelähmt, die Umsetzung von Strukturreformen wurde verschleppt. Zudem wurden die Auswirkungen der Kürzungsmaßnahmen auf die griechische Wirtschaft unterschätzt und die Rezession ist stärker als erwartet.