Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Manuel Sarrazin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines sage ich gleich vorneweg und zur Sicherheit: Auch wir Grünen kämpfen für das erfolgreiche Modell der Institutssicherung bei regional operierenden Sparkassen und Genossenschaftsbanken.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])
Wir wollen, dass regional operierende Institute, Sparkassen, Volksbanken und Raiffeisenbanken, das erfolgreiche Modell ihrer Institutssicherung behalten dürfen. Dafür streiten wir mit unserem Antrag, einer Stellungnahme nach Art. 23.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir wollen aber auch, dass dieses Haus daraus lernt, welche Milliardenspritzen es zur Rettung von Privatbanken in den letzten Jahren aufwenden musste. Nicht zuletzt die Rettung der Hypo Real Estate, die uns immer noch beschäftigt, hat doch gezeigt, dass der Einlagensicherungsfonds der Privatbanken eben nicht in der Lage war, einzuspringen, sodass wir mit Steuergeldern einspringen mussten. Deswegen unterschlagen Sie in der Debatte, dass die Großbanken vom vergleichsweise hohen Sicherungsniveau in Deutschland auch im europäischen Wettbewerb profitieren. Die geschützten Einlagen sind eine sehr günstige Art, um eine Refinanzierung zu gewährleisten. Das Risiko tragen am Ende aber doch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Somit – ich wende mich auch an Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei – schützen Sie nicht nur das richtige Ansinnen, regionale öffentlich-rechtliche oder genossenschaftliche Institute zu schützen, sondern Sie schützen auch den Wettbewerbsvorteil der großen kapitalistischen deutschen Banken. Das verstehe ich nicht. Ich finde das schade; ich finde das ärgerlich.
Jetzt kommen wir aber zu einer neuen Qualität dieser Debatte. Sie wollen rügen. Der Kollege hat gesagt – ich habe das mitgeschrieben –: Es kann nicht sein, dass Brüssel in Bereiche eingreift, für die es nicht zuständig ist. – Ich halte das nicht für klug. Ich habe ziemlich große Zweifel, ob das Prinzip der Subsidiarität und auch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit hier herangezogen werden können. Ich halte es sogar für fahrlässig, dieses Instrument gerade jetzt zum ersten Mal zu nutzen, wo aus meiner Sicht alles auf sehr wackeligen Beinen steht. Dies ist der falsche Sachverhalt, um das Schwert der Rüge zu benutzen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN)
Dass Sie diesen Fall jetzt auch noch zum Exempel aufmotzen, nutzt nicht den Rechten dieses Hauses, sondern damit schaden Sie den Rechten dieses Hauses.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Aumer [CDU/CSU]: Es geht ja um die Sache!) –
Sie, Herr Kollege Aumer, kommen mit einer Anti-Brüssel-Rhetorik daher.
(Peter Aumer [CDU/CSU]: Das stimmt überhaupt nicht! Da haben Sie nicht aufgepasst!)
Ich kann Ihnen mit einer Düsseldorfer Rhetorik von Heinrich Heine entgegnen: Nur Narren wollen gefallen; der Starke will seine Gedanken geltend machen.
Ich glaube, es ist wichtiger, dass Sie die inhaltlichen Bedenken, die Sie zu großen Teilen mit uns teilen, geltend machen und sich hier nicht auf den Pfad begeben, wo die Europäische Kommission mit Begriffen wie „Wettbewerb“, „Wettbewerbsvorteil“ und „Verwirklichung des Binnenmarktes“ klar darstellen kann, was ihre Position ist und wo die Rechtsposition der Koalition unsicher ist. Ich halte es auch für komisch, den Wettbewerbsvorteil deutscher Banken, vor allem der Großbanken, mit der Subsidiarität zu begründen. Sowohl unser Anliegen, regional operierende Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu schützen, als auch Ihr Anliegen, die Großbanken mit hineinzunehmen, sind inhaltliche Anliegen. Diese vertritt man nicht per Rüge, sondern per Stellungnahme.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Auch wir wollen den Entwurf der Europäischen Kommission verändern. Subsidiarität ist das falsche Argument. Wenn Sie hier die Rüge beschließen, dann sind Sie nicht stark, sondern eher das Gegenbeispiel im Gedicht von Heinrich Heine.
Vielen Dank.
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