Anlässlich des EU-Gipfels erklären Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender, und Manuel Sarrazin, Sprecher für Europapolitik:
Anstelle von Aufrichtigkeit beweist Merkel Dreistigkeit und verkauft ihre eigenen europapolitischen Niederlagen als Erfolg. Regelmäßig fährt sie mit Forderungen nach Brüssel, von denen sie weiß, dass sie nicht realisierbar sind. Dann kehrt sie mit dem Gegenteil zurück und erklärt dies zu ihrem eigenen Verdienst. Dabei hinterlässt sie viel verbrannte Erde in Europa. Als Vertreter der großen Mitgliedsstaaten haben Merkel und Sarkozy die Kraftprobe mit der Europäischen Kommission gesucht und binnen Wochenfrist verloren. Entgegen dem Deauville-Kompromiss der beiden wird es künftig quasi-automatische Sanktionen gegen Defizitländer geben. Das Prinzip, dass Strafen nur dann unterbleiben, wenn eine Mehrheit im Rat sie ablehnt, hat sich zu Recht durchgesetzt.
Katastrophal blamiert hat sich Merkel auch mit ihrer Forderung, den Staaten, die keine nachhaltige Stabilitätspolitik betreiben, das Stimmrecht zu entziehen und sie zu Mitgliedern zweiter Klasse herabzusetzen. Damit hatte sie vor allem die kleinen EU-Staaten brüskiert. Wir haben ihr immer prophezeit, dass es für solch einen Unfug keine Einstimmigkeit geben wird. Diese Forderung nach Stimmrechtentzug ist jetzt auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben. Niederlage Nummer zwei für Frau Merkel!
Der dritte vermeintliche Erfolg ist eine unerhörte Mogelpackung. Im Mai noch hat Frau Merkel einen Krisenmechanismus als europäische Lösung abgelehnt, den wir seit langem fordern. Nun wird er kommen und auf eine europarechtliche Grundlage gestellt. Frau Merkel führt die Öffentlichkeit an der Nase herum. A la Maggie Thatcher gaukelt sie den Menschen vor, die notwendigen und richtigen Kompromisse, die ihr aufgenötigt wurden, seien ihr Erfolg.
Europa braucht ein Deutschland, das konstruktiv führt und sich nicht bockig aufführt. Wie viele blutige Nasen wollen Sie sich noch holen, Frau Merkel?