Es ist geradezu absurd, dass sich Bundeskanzlerin Merkel als vermeintliche Siegerin des diesjährigen EU-Frühjahrsgipfels feiern lässt. Sie erachtet es als großen Erfolg, dass der von der Eurogruppe beschlossene Rettungsplan für Griechenland maßgeblich auf ihre Initiativen zurückgeht. Ein Mix aus IWF und bilateralen Hilfen soll es werden. An den Stammtischen hat Merkel mit diesem Vorschlag vielleicht punkten können. Der europäischen Idee hat sie jedoch einen Bärendienst erwiesen.
Schon im Vorfeld war die Bundesregierung in ihrem fehlenden Krisenmanagement an Dilettantismus kaum zu übertreffen. Seit Wochen habe ich versucht bei der Bundesregierung zu erfahren, mit welchen auf die innereuropäische Solidarität beruhenden Ideen sie in die Verhandlungen um einen eventuell notwendigen Rettungsplan für Griechenland gehen wird. Gerne hätte ich grüne Ideen in die Diskussion mit eingebracht. Doch die Antwort der Bundesregierung glich einem Echo : Die Griechen hätten nicht um Hilfe gebeten. Die Frage stelle sich daher nicht! Der Gipfel der Unverschämtheit war die Antwort der Bundesregierung auf eine meiner mündlichen Fragen nach ihrer Positionierung auf dem EU-Frühjahrsgipfel: Das Thema Griechenland wäre auf der Tagesordnung nicht vorgesehen! Die Frage blieb einfach unbeantwortet! Als ob dieser Umgang mit dem Parlament nicht schon skandalös genug wäre, peitschte Frau Merkel auf europäischer Ebene einen Vorschlag durch, der das Selbstverständnis einer innereuropäischen Solidarität fast gänzlich vermissen lässt.
Kommt es zur Anwendung der ultima ratio, sprich Griechenland ist zahlungsunfähig, wird die Europäische Union aufgrund des gestrigen Beschlusses mit dem IWF einen außereuropäischen Akteur für die Bewältigung innereuropäischer Herausforderungen heranziehen. Sprich, die Eurogruppe überlässt die Hilfe eines Partners zu überwiegendem Teil anderen. Das ist nicht weniger als eine Schmach für die europäische Idee! Solidarität und Verantwortung hätten die Prämissen sein müssen! Konkret hätte das nicht, wie gerne vielerorts populistisch behauptet, bedeutet, dass Griechenland mit deutschen Steuergeldern unterstützt werden muss. Vielmehr hätte Griechenland über Eurobonds die Möglichkeit bekommen müssen, sich auf dem Kreditmarkt mit dem notwendigen Geld zu versorgen. Am Ende hätte Griechenland seine Schulden trotzdem selber gezahlt. Doch bis zu diesem Ende hätte es außer Frage stehen müssen, dass sich die europäischen Partner gegenseitig helfen. Das wäre der Akt der selbstverständlichen Solidarität gewesen!
Bei all der Aufmerksamkeit, die das Thema Griechenland zurecht genießt, darf jedoch nicht vergessen werden, dass auf dem EU-Frühjahrsgipfel auch die strategischen Weichen für die Zukunft der EU gestellt wurden. „EU 2020“ heißt das Konzept, das die neue Strategie für ein „smartes, grünes und inklusives Wachstum“ und verbindlichere Regeln für ihre Umsetzung festlegen soll. Wir Grüne hatten die Bundesregierung dazu aufgefordert, die Weichen Richtung Green New Deal zu stellen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen sich zu messbaren Fortschritten verpflichten, hin zu einem ökologischen und sozialen Europa. Der vorangegangene Lissabon-Prozess ist auch daran gescheitert, dass er zu unverbindlich war. Aus diesem Grund sind verbindlichere und demokratischere Art der Umsetzung und Governance unverzichtbar. Nichts der gleichen hat Merkel übernommen!