Zur Rückgabe der Computerfestplatten an die Menschenrechtsorganisation Memorial durch die St. Petersburger Staatsanwaltschaft erklärt Manuel Sarrazin MdB (Mitglied im Europaausschuss des Deutschen Bundestags):
Die Menschenrechtler von Memorial haben vor dem St. Petersburger Stadtgericht einen Etappensieg errungen. Offenbar hat das Gericht auch auf den öffentlichen Druck hin zugunsten von Memorial entschieden. Diese Entscheidung war richtig. Aber es bleibt ein fahler Nachgeschmack: Ob die Daten auf den Festplatten vollständig sind, bleibt noch zu klären. Schlimmer noch: Das Gericht erklärte die Durchsuchung nur wegen Verfahrensfehlern für unzulässig. Erst im Verfahren stellte sich außerdem heraus, dass Memorial seit nunmehr zehn Jahren ständig überwacht wird. Laut Gericht bleibe es allein der Staatsanwalt überlassen, ob und wann sie Durchsuchungen und Überwachungen für notwendig hält.“
Andreas Waldowsky MdHB (Mitglied im Europaausschusss der Hamburgischen Bürgerschaft), ergänzt:
„Die GAL wird die Menschenrechtssituation in Hamburgs Partnerstadt Memorial in einer der nächsten Sitzungen des Europaausschusses ansprechen. Unregelmäßigkeiten bei der
vergangenen Kommunalwahl und die Vorfälle rund um die Nichtregierungsorganisation Memorial geben weiter Anlass zur Sorge.“
Sarrazin und Waldowsky betonen: „Wir Hamburger sind unserer Partnerstadt St. Petersburg in Freundschaft und Partnerschaft verbunden. Memorial leistet wichtige Arbeit, um den Stalinismus aufzuarbeiten und die demokratische Entwicklung zu beschleunigen. Diese Arbeit liegt auch im Interesse der St. Petersburger Behörden.“
Hintergrund:
Am 4. Dezember 2008 hatten maskierte Vertreter der Staatsanwaltschaft das Büro der Menschenrechtsorganisation „Memorial“ durchsucht und Festplatten mit einmaligen Daten zur Geschichte des Gulags beschlagnahmt. Zwar erklärte das St. Petersburger Gericht die Durchsuchung aus formalen Gründen für rechtswidrig und ordnete die Rückgabe der Festplatten an. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein und verhindert damit bis auf Weiteres die Rückgabe der Daten. Der Durchsuchungsbefehl beruhte auf einem konstruierten Vorwand des „Extremismus“, der nach russischem Recht auch durch die bloße Kritik an der Regierung vorliegen kann. Mit Beschluss des St. Petersburger Stadtgerichts vom 6. Mai mussten die Festplatten zurückgegeben werden.